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Autor Thema: Gedicht GEGEN Einzelhaltung  (Gelesen 7574 mal)

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Jojo

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Gedicht GEGEN Einzelhaltung
« am: 17. Dezember 2004, 16:24:00 »
Hier:

Ich war einmal...
Gestern noch war ich ein glücklicher Wellensittich.
Ich saß in einem warmen Nistkasten,
um mich herum wärmendes Gefieder und die vertrauten Stimmen meiner Brüder und Schwestern.
Geborgenheit unter den weichen Flügeln meiner Mutter.

Vor drei Tagen noch war ich ein zufriedener Wellensittich.
Zwar wurde ich gewaltsam von meinen Geschwistern und meinen Eltern getrennt,
aber um mich herum waren viele andere meiner Art, die meine Angst teilten.
Wir kuschelten uns aneinander und betrachteten die großen federlosen Wesen,
die vor unseren Glaskästen auf und ab liefen.
Wir gewöhnten uns daran, dass ab und zu einer unserer Freunde plötzlich verschwand.
Die großen federlosen Wesen konnten nicht zu uns herein.
Kraulen ist ein gutes Mittel gegen die Angst.

Vor einem Jahr noch war ich ein Wellensittich.
Zwar wurde ich gewaltsam von meinen neuen Freunden getrennt und in eine fremde Umgebung gebracht.
Um mich herum fremde federlose Wesen, deren Größe und Stimmen mir unendliche Angst einjagten.
Nachts kauerte ich allein in einer dunklen Ecke, um mich herum Einsamkeit.
In meinen Träumen sind meine Freunde bei mir, deren Stimmen und Wärme mir Zuversicht geben.
Erinnerungen sind ein gutes Mittel gegen die Angst.
Auch wenn ich nach einiger Zeit feststellte, dass die federlosen Wesen es gut mit mir meinten,
konnte ich sie nicht verstehen.
Kraulen hilft Distanzen zu überwinden.
Und so fasste ich Mut und begann die federlosen Wesen zu kraulen.

Vor unendlich vielen Zeitaltern wusste ich, wer ich war.
Nun bin ich hier, umgeben von Dunkelheit und Stille.
Die federlosen Wesen besuchen mich nur noch sehr selten.
Habe ich etwas falsch gemacht?
Aber wie kann ich das wissen, da ich sie doch nicht verstehe?
Ebenso wenig wie sie mich.
Die Einsamkeit greift nach mir und ich bin wehrlos.
Leere breitet sich in meinem Kopf aus und in meiner Seele.
Nur manchmal in meinen Träumen steigt aus unendlichen Tiefen das Fragment einer Erinnerung empor.
Flirren von Flügeln, vertraute Stimmen, ein Schnabel, der zärtlich mein schütteres Nackengefieder streichelt.
Ich kann diese Bilder nicht festhalten, sie entgleiten, sobald ich versuche mich zu erinnern.

Gegen Einsamkeit gibt es kein Mittel.


Quellenangabe: Gedicht von www.vwfd.de

 

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